Datenschutz und Compliance werden oft als die großen Hürden der Digitalisierung benannt. Doch schaut man sich eine aktuelle Studie zu dem Thema an, so spielen lange Entscheidungsketten eine nicht unerhebliche Rolle.
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Das Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder GmbH hat eine umfangreiche Studie zu Digital Customer Experience Services in Deutschland durchgeführt. Darunter findet sich auch die Frage, welche Gründe dafür sorgen, dass neue Geschäftsmodelle nicht erfolgreich erweitert und vermarktet werden können.
Unter den Top Drei Gründen finden sich kaum überraschende Antworten: Datenschutzanforderungen, IT-Sicherheit und Compliance sind eindeutige Hürden auf dem Weg zum modernen Unternehmen. Gerade in Bezug auf die Datenschutz-Grundverordnung herrschen hier noch viele Unsicherheiten.
In den hinteren Reihen findet sich jedoch ein Grund, der zwar im Vergleich zu den Top Drei selten allein auftritt, dafür jedoch häufiger genannt wird.
Lünendonk hat in seiner Studie die Antworten „Ja“, „Nein“ und „Teilweise“ ermöglicht.
Während Datenschutzanforderungen beispielsweise für 58% klare Hürden darstellen, sind 25% der Befragten der Meinung, dass sie „teilweise“ Hürden darstellen. Insgesamt spielt das Thema also für 83% eine Rolle.
Und genau hier kommt die Überraschung: „Komplexe Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen“ sind zwar nur für 22% eindeutig eine Herausforderung, doch für weitere 66% teilweise verantwortlich für verzögerte Prozesse. Insgesamt sind das 86%, die davon ausgehen, dass langwierige Entscheidungsprozesse den Fortschritt aufhalten. Damit liegt dieser Punkt inoffiziell an erster Stelle der Entwicklungshürden.
McKinsey geht im Beitrag „Untangling your organization’s decision making“ davon aus, dass auch die Digitalisierung einer der Gründe ist, warum die Entscheidungsketten innerhalb von Unternehmen lang sind.
Die Verknüpfung der Unternehmensbereiche, die Globalisierung sowie die Komplexität moderner Unternehmensstrukturen sorgen dafür, dass es häufig keine klaren Verantwortlichkeiten für eine Vielzahl an Entscheidungen gibt. Die Tatsache, dass digitale Kommunikationskanäle die Mitbestimmung aller unterstützen, sorgt also nicht nur für mehr Vielfalt, sondern auch für längere Prozesse und komplexere Diskussionen.
Man kann hier fast von einem Henne-Ei-Problem reden, denn was kam zuerst? Komplexe Entscheidungsketten oder die Digitalisierung? Doch die eigentlich relevante Frage ist folgende:
Was können Unternehmen tun, um ihre Entscheidungsketten adäquat zu definieren?
Wie „groß“ sind die Entscheidungen, wer sind die Stakeholder, wie häufig müssen sie gefällt werden und wie dringlich sind sie? Neben den langfristigen Entscheidungen, die das gesamte Unternehmen beeinflussen, gibt es im Alltag zahlreiche Fälle, in denen schnell und bestimmt gehandelt und nicht gleich der gesamte Vorstand einberufen werden muss.
Damit es also weder zu Verzögerungen noch zu Hals-über-Kopf-Entscheidungen kommt, muss es klare Kategorien geben, um Prioritäten, Verantwortlichkeiten und Auswirkungen der Entscheidungen zu identifizieren.
Wen braucht es, um eine Entscheidung zu fällen und was können unterschiedliche Stakeholder und Expert:innen im Entscheidungsprozess beisteuern? Nicht immer müssen Management bzw. Vorgesetzte einspringen, um insbesondere häufig auftretende, stark spezifische Entscheidungen zu fällen. Wichtig ist bei den Verantwortlichkeiten, dass die verantwortliche Person sich wirklich mit dem Thema auskennt. Das trifft nicht auf jeden Stakeholder zu.
McKinsey empfiehlt, klare Verantwortlichkeiten an einzelne Personen zu vergeben, so dass es nicht zu Überschneidungen oder Verzögerungen kommt.
Wer hat zu welchem Zeitpunkt welche Entscheidungsrechte? Nicht jede:r Diskussionsbeteiligte muss unbedingt eine Stimme in der finalen Entscheidung haben. Wichtig ist, dass Stakeholder/Beteiligte wissen, ob und inwieweit sie Einfluss auf eine Entscheidung haben und diese Verantwortung auch tragen. Sprich: Transparenz und Klarheit ist absolut notwendig, damit es zu keinen Missverständnissen kommt.
Dies gilt beispielsweise dann, wenn Manager:innen den Input von Angestellten benötigen, aber die Entscheidung selbst fällen möchten (und umgekehrt, wenn Angestellte auch die Entscheidung fällen sollen).
Weiß man, wer bei welcher Entscheidung welchen Einfluss hat, so kann man klare Workflows entwickeln, die für unterschiedliche Entscheidungstypen gelten. Dabei sollte beispielsweise berücksichtigt werden, bis wann Input geliefert werden kann, welche Informationen vorhanden sein müssen, um eine Entscheidung zu fällen und wer von Anfang bis Ende Schritt für Schritt involviert werden muss.
McKinsey nennt hier Use Cases, in denen beispielsweise One Pager mit klar definierten Angaben Voraussetzungen für bestimmte Entscheidungen sind (dies gilt vor allem für Management-Entscheidungen und weniger für Ad-hoc-Themen).
Je klarer und einfacher diese Prozesse definiert sind, desto einfacher können sie auch im Unternehmen umgesetzt werden.
Entscheidungsprozesse sollten regulär überprüft und getestet werden. McKinsey schlägt hier vor, insbesondere bei gewichtigen Entscheidungsprozessen Testläufe zu gestalten, um größeren Pannen in der Praxis vorzubeugen.
Reports helfen darüber hinaus auch dabei, dass die Entscheidungen auf einer Linie mit dem Unternehmensziel verlaufen. Sie können dabei verhindern, dass sich Entscheidungen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen negativ aufeinander auswirken.
Unter dem Schlussstrich dieser fünf Punkte sollte immer stehen:
Dort, wo Unsicherheit herrscht, werden Entscheidungen unnötig hinausgezögert und/oder ohne hinreichende Informationen gefällt.
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