Immer wieder werden mangelnde Fachkenntnis und fehlendes Know-how als Hürden für die Digitalisierung genannt. Doch was können Unternehmen dagegen tun?
Viele Unternehmen wissen eigentlich nicht so genau, wer was weiß. Dies liegt oft daran, dass Unternehmensbereiche scharf abgetrennt sind und der Austausch zwischen Kolleg:innen selten über die Routineaufgaben hinausgeht. Daher kann es lohnen, Räume zu bieten, in denen Expertisen geteilt werden können. Daraus ergibt sich auch eine Übersicht über die Art der Expertise, des Levels und entsprechend auch der Lücken. Kennt man diese, so ist es viel einfacher, sie zu füllen.
Gerade, wenn Trend-Themen vom Management aufgenommen werden, kann es schnell passieren, dass viel in die Weiterbildung investiert wird, bevor evaluiert wird, ob der Trend auch zum Unternehmen und dessen Angeboten passt. Es ist bezeichnend, dass Gartner lange Zeit empfohlen hat, interne KI-Projekte nur dann anzustoßen, wenn die Expertise bereits bestünde, da der Aufwand den Nutzen gerade zu Beginn oft weit übersteigt.
Unternehmen, aber auch Mitarbeitende müssen evaluieren, welches Know-how wie zum Erreichen der Geschäftsziele eingesetzt werden kann.
Oft ergeben sich bestimmte Interessengebiete mit einer Tätigkeit und Unternehmen tun gut daran, diese zu unterstützen. Das heißt nicht, dass ein Marketing Manager beim Gitarrenlernen unterstützt werden muss. Doch zeigt er Interesse an Suchmaschinenoptimierung, um den Webseitenauftritt zu optimieren, kann es sich sehr wohl lohnen, Zeit und gegebenenfalls auch Ressourcen für die Weiterbildung bereitzustellen.
Erfahrungsgemäß sind viele Mitarbeitende der Weiterentwicklung nicht abgeneigt, allerdings fehlt im Alltag häufig die Zeit, sich tatsächlich ernsthaft mit einem Thema auseinanderzusetzen. Unternehmen müssen hier mehr tun als zu kommunizieren, dass Weiterbildung gewünscht ist. Tatsächlich müssen Ressourcen bereitgestellt werden, so dass sowohl die Zeit als auch das Budget (wenn nötig) vorhanden ist, um Kurse zu besuchen oder sich in ein Thema einzuarbeiten.
Sei es durch Gamification, Entwicklungsziele oder sogar Boni: Weiterentwicklung sollte belohnt werden. Dabei liegt es beim Unternehmen und den Bedürfnissen der Angestellten, ein System zu entwickeln, das auch attraktiv ist. Ein Badge-System, das beispielsweise auch auf Job-Plattformen wie LinkedIn oder Xing angezeigt werden kann, reicht vielleicht schon zur Motivation. Oder es werden intern Expertenrollen vergeben, die gleichzeitig Sponsoren für ihre Themen im Unternehmen sind und sie damit auch strategisch vorantreiben können.
Incentives sollten nicht nur für das Aneignen, sondern auch für das Teilen von Expertise bereitgestellt werden. Nichts hindert den Wissensaustausch in Unternehmen so sehr, wie die Einstellung, dass die eigene Expertise nur dann wertvoll ist, wenn niemand anderes sie hat. Das Teilen von Wissen sollte zu den Grundfesten der Unternehmensphilosophie gehören und auch von den Führungskräften vorgelebt werden. Entsprechend sollten ebenso Ressourcen für das Vermitteln von Know-how bereitgestellt werden (z.B. auch durch spezielle Schulungstage, Workshops, etc.).
Im Beitrag "Establish Expertise Inside Your Company" in der Harvard Business Review erklärt Michael Leckie:
"Man muss nicht der Beste weltweit sein, man muss nur der Beste in seinem Unternehmen sein."
Kurzum: Ziele für das Training und die Weiterentwicklung sollten realistisch sein und in den Arbeitsalltag passen. Idealerweise sollten Mitarbeitende die Möglichkeit haben, ihre Ziele zu stecken. Passiert dies fremdbestimmt, kann es schnell passieren, dass die Herausforderungen zu hoch sind oder nicht den verfügbaren Ressourcen entsprechen. Gerade bei der eigenständigen Aneignung von Know-how muss es möglich sein, sich Schritt für Schritt zu entwickeln, ohne dass sofort erwartet wird, riesige Projekte damit umzusetzen.
Projekte in Zusammenarbeit mit Dienstleistern können einen enormen Wissenspool mit sich bringen. Das gilt besonders dann, wenn der Dienstleister gemeinsam mit einem internen Team das Projekt aufsetzt und durchführt. In vielen technischen Bereichen, aber auch für strategische Konzepte eignen sich Pilotprojekte, um Grundlagen zu erlernen und für Folgeprojekte anzuwenden. Zusätzlich können Workshops und moderierte Weiterbildungen dabei unterstützen, neue Themen an Teams oder einzelne Mitarbeitende zu vermitteln.
Der Aufbau von Know-how und Skills kostet Zeit, die nicht immer vorhanden ist. DIGITALL bietet Ihnen Support und Ressourcen, um Ihre Knowledge-Gaps zu decken und Ihre IT-Projekte erfolgreich durchzuführen.
Apropos, Pilotprojekte sind ein guter Weg, um neu erlerntes Wissen in einem Raum zu ermöglichen, in dem auch Fehler erlaubt sind. Gerade, um den Aufbau der Expertise zu unterstützen, hilft es, Mitarbeiter:innen Optionen zu geben, ihr Know-how praktisch und möglichst ohne geschäftskritische Risiken anzuwenden. Im Holacracy-Konzept gibt es die einfache und sehr praktische Fragestellung bei Ideen-Vorschlägen: does it hurt the company? (schadet es dem Unternehmen?)
Gibt man Mitarbeitenden Projekte zum Ausprobieren, die risikoarm sind, jedoch gleichzeitig positiv auf Unternehmensziele einwirken können, so gibt es einen verstärkten Anreiz für alle Beteiligte, sich zu engagieren.
Der wenig schmeichelhafte Begriff bezeichnet einen Wissensmangel, ohne sich darüber bewusst zu sein. So fand ein Tech-Unternehmen heraus, dass ihre durchschnittlichen Vertriebler ein Fünftel der Produkt-Features nicht kannten, gleichzeitig jedoch von sich selbst dachten, sie wären 100%ig vertraut mit allen Produkten und ihren Funktionen (Quelle: HBR). Besonders langjährige Expert:innen und Führungskräfte sind übrigens sehr anfällig für diese Art des Wissensmangels.
Ulrik Juul Christinsen nennt im Beitrag verschiedene Wege, um Inconscious Incomepence zu erkennen und zu vermeiden. Zusammengefasst hilft eine Kultur des ständigen Lernens und zwar mit individualisierbaren Tests, die nicht nur stur Informationen abfragen, sondern auch dazu auffordern, die Antworten zu reflektieren und zu begründen.
Gerade für Unternehmen, die ein Intranet betreiben bzw. digitale Kanäle haben, auf denen Know-how gesammelt wird, gibt es die Möglichkeit, digitale Wissensbibliotheken zu erstellen, in denen Anleitungen, Präsentationen, Videos und mehr angeboten werden können. Mitarbeitende sollten die Möglichkeit haben, das Material einerseits einzusehen und andererseits zu ergänzen.
Sowohl bei der Weiterbildung als auch beim Zugang zum Wissen sollten übrigens im Idealfall alle Mitarbeitenden Zugang zu Ressourcen haben. Das sollte auch über die eigenen Unternehmensbereiche hinaus möglich sein. Nichts stärkt ein Unternehmen mehr als Mitarbeitende, die über den Tellerrand ihrer Tätigkeiten schauen können und wollen, um das Unternehmen insgesamt zu stärken.
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