Die Zerbrechlichkeit unserer Lieferketten

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Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 brachen fast über Nacht zahlreiche Lieferketten zusammen. Die Gründe waren vielfältig: geschlossene Grenzen und Fabriken, eingeschränkter Flugverkehr und Abstandsregeln an Arbeitsplätzen. Welche Schlüsse müssen Unternehmen daraus ziehen?

Inhalt:

  1. Produktionskosten nähern sich an
    1. Mehr Transparenz zwischen Anbietern
    2. Das Problem der Lieferketten am Beispiel: Toilettenpapier am Limit
  2. Produktion und Versand müssen flexibler werden
  3. Schwachstellen identifizieren und stärken

McKinsey prophezeit, dass der Export globaler Produkte bis 2025 starken Veränderungen unterzogen werden könnte. Grund sei, dass Unternehmen nach 2020 verstärkt auf ihre eigenen Lieferketten schauen und Wege suchen, Ausfälle zu minimieren.

Wie lang müssen Lieferketten sein? 

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Dabei nennt McKinsey unterschiedliche Gründe, warum Unternehmen ihre Lieferketten prüfen sollten und müssen. So würden sich beispielsweise durch die technologischen Fortschritte in der Produktion die Kostenunterschiede von Produktionsstätten reduzieren. Durch Automatisierung, Predictive Analytics, 3D-Druck und weitere Innovationen wären Kostenoptimierungen nicht mehr ausschlaggebend, die durch das Verlegen von Produktionsstätten in andere Länder entstehen.

Mehr Transparenz zwischen Anbietern

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Wichtig ist die "End-to-End"-Optimierung, was vor allem mehr Transparenz und Flexibilität für Unternehmen voraussetzt. Unternehmen müssen schneller auf Alternativen zurückgreifen können, sollte ein Anbieter ausfallen. Außerdem, so McKinsey, sei es immer wichtiger, Vertragsdetails mit Sub-Unternehmen im Blick zu haben. So sagen einer McKinsey-Umfrage zufolge zwei Drittel aller Unternehmen, dass sie keine bestätigten "Business Continuity"-Pläne mit Sub-Unternehmen ihrer Dienstleister haben.

Das heißt also, dass es keine Vereinbarungen mit diesen Anbietern gibt, was im Falle einer Krise getan werden muss, wo Verantwortlichkeiten liegen und wie beispielsweise Lieferengpässe vermieden werden können. Susan Lund spricht im McKinsey-Podcast von einer "Value Chain", also der gesamten Lieferkette bis hin zum Anbieter der Rohmaterialien, die geprüft werden muss.

Toilettenpapier am Limit

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Eines der besten Beispiele für die mangelnde Krisensicherheit von Lieferketten hat fast jede:n im deutschsprachigen Raum betroffen. Von heute auf morgen fand sich in Supermärkten und Drogerien plötzlich kaum noch Toilettenpapier. Was anfangs auf übertriebene Hamsterkäufe zurückgeführt wurde, entpuppte sich eher als ein Flexibilitätsproblem. Wie Will Oremus auf Medium erläutert, waren viele Anbieter wenig auf die steigende Nachfrage der häuslichen und die gleichzeitig sinkenden Zahlen bei gewerblichen Produkten vorbereitet. Da der Markt hier zwei Kunde:innengruppen hat (gewerblich = B2B und privat = B2C) waren die unterschiedlichen Bedürfnisse nicht so einfach zu balancieren.

Mit dem Wechsel vom Büro ins Home Office, sinkenden Hotelübernachtungen und reduzierten Laden- und Restaurantbesuchern wuchs der Bedarf an B2C-Toilettenpapier, weil die Menschen nur noch zu Hause waren.

Die naheliegende Lösung wäre gewesen, die Produktion von B2B auf B2C umzustellen. Doch genau da lag das Problem: B2B-Toilettenpapier kommt nicht verpackt in 2-12 handgerechten Rollen, sondern ist oft bereits in seiner Form größer, wird nicht individuell verpackt und wird teilweise sogar in anderen Fabriken produziert. Ein Wechsel von B2B- zu B2C-Produkten ist daher mit einem erheblichen Aufwand verbunden und konnte auf die Schnelle nicht ermöglicht werden.

"Ein Wechsel zum Retail erfordert neue Beziehungen und Verträge zwischen Anbietern, Händlern und Verkaufsstätten; andere Verpackungs- und Versandarten; neue Versandrouten - all das für ein Produkt, dessen Umsatzmarge eher gering ist" (Will Oremus, "What Everyone's Getting Wrong About the Toilet Paper Shortage").

 

Produktion und Versand müssen flexibler werden

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Natürlich ist so etwas wie eine globale Pandemie ein disruptives Event, das weder vorhersehbar ist noch regelmäßig stattfindet. Doch abrupte Marktveränderungen gibt es immer wieder. Mit der Globalisierung der Märkte und Informationskanäle können einzelne News bereits für Verschiebungen in Angebot und Nachfrage sorgen. Lebensmitteltrends, aber auch Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen können ein vermehrtes oder reduziertes Interesse an Produkten nach sich ziehen. Unternehmen müssen langfristig flexibler werden, um auf den Markt reagieren zu können.

Das gelingt nur mit einer Vernetzung aller Stakeholder einer Lieferkette, Transparenz und Automatisierung. Mit der richtigen Business Intelligence-Strategie können Marktveränderungen schneller prophezeit und Stellschrauben identifiziert werden. Darüber hinaus können vernetzte Systeme die Zusammenarbeit und Kommunikation mit Stakeholdern erleichtern. Das kann beispielsweise durch eine transparente Übersicht aller Vertragsunterlagen, Kontakte und Verantwortlichkeiten geschehen.

SChwachstellen identifizieren und stärken

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Ed Barriball erläutert im Podcast außerdem, dass Unternehmen sich besser auf Krisen vorbereiten können, indem sie gezielt nach ihren Schwachstellen suchen, etwa Flaschenhälse in Prozessen, fehlende Transparenz, etc. "Wenn man versucht, die nächste Krise zu prophezeien, wird man in 99% der Fälle falsch liegen. Aber man kann sehr wohl einen Blick darauf werfen, wo die eigenen Schwachstellen liegen."

Zusätzlich müssen Lieferketten etwas mehr Platz für Redundanzen lassen, erklärt Professorin Marianne Jahre im Interview mit businessbecause.com.

"Schlanke Systeme sind kostengünstig, aber sie lassen wenig Raum für Fehler in Krisensituationen."

Das unterstreicht auch Barriball, der argumentiert, dass Flaschenhälse oft dort entstehen, wo einzelne Parteien Anbieter konsolidieren oder verantworten. Sobald dieser Anbieter ausfällt, fehlen mehrere Komponenten im Prozess. Auch hier sorgt Transparenz dafür, Flaschenhälse zu erkennen und Redundanzen einzuführen, sei es durch sogenanntes "Dual Sourcing", alternative Anbieter oder auch Ressourcen-Rücklagen.

Es mag herausfordernd für viele Unternehmen sein, da es im Zeitalter der Optimierung nahezu paradox wirkt, doch Redundanzen können in diesen Bereichen sowohl Risiken als auch Kosten senken.


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von Juliane Waack

Juliane Waack ist Editor in Chief bei DIGITALL und schreibt über die digitale Transformation, Megatrends und warum eine gesunde Kultur die Basis für jedes erfolgreiche Unternehmen ist.

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