Spotlight Rumänien: starke digitale Infrastruktur & fehlende Akzeptanz

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Dem Digital Economy and Society Index (DESI) 2021 zufolge belegt Rumänien den letzten Platz, wenn es um die digitalen Transformation geht. Doch schaut man genauer hin, hat das Land die richtigen Grundlagen, um sich als Wettbewerber zu etablieren - was fehlt, ist die digitale Kompetenz in Unternehmen, Institutionen und im Alltag.

Info: Der Digital Economy and Society Index (DESI) fasst Indikatoren zur digitalen Leistungsfähigkeit Europas zusammen und verfolgt die Fortschritte der EU-Länder. Er deckt dabei Themen wie Infrastruktur, Bildung, öffentliche Dienstleistungen sowie digitale Strategien der Wirtschaft ab (mehr dazu hier).

Content: 

  1. Die schlechte Nachricht zuerst: Es fehlt die digitale Bildung
  2. Die gute Nachricht: Rumänien hat die digitalen Grundlagen
  3. Die rumänische Wirtschaft muss sich digitalisieren

Im DESI-Bericht 2021* belegt Rumänien den letzten Platz unter den 27 EU-Mitgliedstaaten. Dies sollte Anlass zur Sorge sein, aber ein genauerer Blick zeigt, dass Rumänien trotz einiger stark betroffenen Bereiche auch diverse Stärken hat, die in den nächsten Jahren ein Sprungbrett für einen digitalen Wachstumsschub bieten könnten.

* https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/desi-romania

Die schlechte Nachricht zuerst: Es fehlt die digitale Bildung

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Obwohl Rumänien insgesamt den Platz 4 belegt, wenn es um ICT-Abschlüsse geht (Information & Communication Technolgies), beklagt das Land einen Mangel an Fachkräften.

Das bedeutet, dass das Bildungssystem zwar in der Lage ist, ICT-Expert:innen auszubilden, dass viele Absolvent:innen jedoch scheinbar lieber ins Ausland ziehen, um dort Anstellungen zu finden. Grund dafür könnte sein, dass insgesamt Organisationen, Bildungseinrichtungen und Unternehmen nicht genug tun, um digitales Grundwissen zu vermitteln. Als Fachexpert:in dürfte es daher nicht attraktiv sein, z.B. eine Stelle in einem Unternehmen anzufangen, das den Bedarf der Digitalisierung noch gar nicht erkannt hat.

Tatsächlich schulen nur 6% aller Unternehmen ihre Mitarbeitenden (im Vergleich zu 20% europaweit).

Die Breitbandnutzung ist sehr gering

Der Mangel an digitaler Bildung und Know-how könnte auch der Grund dafür sein, dass Rumänien - trotz einer guten Infrastruktur in Bezug auf Netzabdeckung und Breitband - einen sehr niedrigen Prozentsatz an Haushalten mit festem Breitbandanschluss hat (67%, verglichen mit 77% europaweit). Dies gilt auch für die Nutzung mobiler Breitbanddienste, und dass, obwohl Rumänien die fairsten Breitbandpreise in ganz Europa hat.

Unternehmen und Institutionen sind nicht ausreichend digitalisiert

Zum fehlenden Know-how und zur mangelnden Akzeptanz trägt auch die geringe Integration digitaler Technologien in Unternehmen bei.

Im Bereich Wirtschaft rangiert Rumänien insgesamt auf Platz 25, wobei nur jedes dritte kleine und mittlere Unternehmen über ein grundlegendes Digitalisierungsniveau verfügt (im Vergleich zu 60% europaweit). In fast allen Detailkategorien nutzen rumänische Unternehmen keine digitalen Kanäle und Anwendungen, um beispielsweise Marketing zu betreiben oder ihr Geschäft zu erweitern.

Dies deckt sich auch mit der mangelnden Digitalisierung im öffentlichen Dienst, wo Rumänien EU-weit an letzter Stelle steht. Dies ist nicht nur auf einen Mangel an Dienstleistungen zurückzuführen, sondern auch auf eine mangelnde Nutzung. Online-Nutzer:innen nehmen kaum die verfügbaren E-Government-Dienste in Anspruch (16%, im Vergleich zu EU-weit 64%).

Fazit: Die mangelnde Aufklärung hindert den Fortschritt

Rumäniens Hauptproblem scheint der Mangel an Bildung und Wissen über digitale Werkzeuge und Möglichkeiten zu sein, was zu einem "Henne-Ei"-Szenario führt, bei dem Organisationen, Schulen und Unternehmen nicht über digitale Optionen aufklären, was wiederum das Interesse an digitalen Lösungen und Dienstleistungen gering hält. Auf diese Weise werden digitale Dienste nicht genutzt, und ihre Vorteile können weder erkannt, noch weiterentwickelt werden.

Da die rumänische Infrastruktur sowie die ICT-Ausbildung von Fachkräften jedoch einen vergleichsweise hohen Standard haben, könnte eine Veränderung der öffentlichen Wahrnehmung in Bezug auf die digitale Transformation relativ schnell zu einem sehr plötzlichen und starken Wandel in allen Branchen, Märkten und öffentlichen Sektoren führen.


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Die gute Nachricht: Rumänien hat die digitalen Grundlagen

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Wie bereits erwähnt, verfügt Rumänien über alle notwendigen Werkzeuge, um eine digitale Führungsrolle zu übernehmen. Alles, was es braucht, ist die flächendeckende Schulung und Ausbildung, um Menschen, Organisationen und Unternehmen von den vielen Vorteilen digitalisierter Dienstleistungen, Prozesse und Kanäle zu überzeugen, ein Grundwissen über digitale Prozesse zu vermitteln und so das Interesse an digitalen Optionen zu steigern.

Hohe Zahl an ICT-Absolvent:innen

Rumänien hat eine unglaublich hohe Zahl an ICT-Absolvent:innen und liegt damit EU-weit auf Platz 4. Mehr noch, die Zahl der ICT-Spezialistinnen ist sehr hoch, da die Arbeitsbedingungen für ICT-Spezialistinnen sehr viel besser sind als in den meisten anderen EU-Ländern. Europaweit hat Rumänien den höchsten Anteil an Frauen, die IT studieren (13%), und bietet aufgrund der hohen Nachfrage nach rumänischen Arbeitskräften im Outsourcing-Bereich in Europa die besten Beschäftigungsmöglichkeiten.

Zusammen mit Bulgarien hat Rumänien daher einen der höchsten Anteile an Frauen in der ICT-Branche (fast ein Drittel aller ICT-Beschäftigten sind Frauen, Quelle: emerging-europe.com). Darüber hinaus ist Rumänien auch ein attraktives Gründerland für Frauen in digitalen Branchen. All das scheint ein ideales Sprungbrett zu sein, um die Industrie voranzutreiben. Aktuell wandern jedoch noch zu viele ICT-Expert:innen ab, um den rumänischen Bedarf an Fachkräften vollständig zu decken.

Rumänien arbeitet an Reformen und Investitionen

Das Land ist sich dieser Tatsache sehr bewusst und arbeitet derzeit an einer Reihe von Reformen und Investitionen, um sein Bildungssystem zu ändern und Berufswege einzurichten, um sowohl die Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes als auch die Bürger:innen auszubilden und ihre digitalen Kompetenzen zu verbessern. Darüber hinaus will Rumänien Zuschussprogramme anbieten, um Unternehmen bei der Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen. Generell werden die Investitionen in die digitale Bildung in den nächsten Jahren in allen Branchen und öffentlichen Sektoren steigen.

Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass die Nutzung der bereits vorhandenen Infrastruktur zunehmen wird. Da Rumänien (in städtischen und ländlichen Gebieten) eine noch höhere Abdeckung als die EU hat, ist es fast schon ein Luxusproblem, dass lediglich die Nutzung der Angebote niedrig ist.

Die rumänische Wirtschaft muss sich digitalisieren

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Eines der wichtigsten Themen wird die Einführung digitaler Lösungen durch die Unternehmen sein. Derzeit nutzt kaum ein rumänisches Unternehmen Cloud-basierte Lösungen, soziale Medien oder macht Gebrauch von Big Data.

Ein Grund für den Mangel an digitalen Projekten könnte der Mangel an ICT-Expert:innen in rumänischen Unternehmen sein. Ohne das Know-how, was genau die digitale Transformation bewirken kann, gibt es keine Motivation, sie anzupassen. Das bedeutet, dass die Unternehmen interne (durch Rekrutierung) oder externe (durch Beratung und Schulung) Ressourcen benötigen, um mehr digitales Know-how zu erwerben.

Gleichzeitig werden ICT-Fachkräfte weiterhin internationale Unternehmen vorziehen, solange die heimischen Unternehmen keine attraktiven Projekte und Weiterbildungsprogramme bieten können. 

Ein Herz für KI?

Eine (kuriose) Ausnahme ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz, der über dem EU-Durchschnitt liegt (31% gegenüber 25%). Auch werden ICT-Technologien häufiger für mehr Nachhaltigkeit eingesetzt als in anderen Ländern (68% gegenüber 66%).

Es stellt sich jedoch die Frage, ob KI-Anwendungen ohne die Einführung von Cloud-Technologien oder die Entwicklung von Big-Data-Fähigkeiten in vollem Umfang genutzt werden können. Jede KI-Lösung ist nur so intelligent wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird, was in der Regel große Datenquellen voraussetzt und durch Cloud-basierte Lösungen unterstützt wird.

Sind die rumänischen Branchen bereit für die Digitalisierung?

Eine Umfrage von Valoria (via amcham.ro) zeigt, dass Unternehmen bereit sind, den Schritt zur digitalen Transformation zu gehen - allerdings nicht in allen Branchen.

Laut der Studie sagen vor allem Telekommunikations- sowie Medien- und Werbeunternehmen, dass "die Digitalisierung einen großen Einfluss auf sie hat." In anderen Branchen wie der industriellen Produktion, der Chemie und dem Baugewerbe (Construction) ist hingegen nur rund ein Drittel zuversichtlich, dass sie von der Digitalisierung profitieren werden.

Nicht alle Industrien setzen auf Digitalisierung

Die Mehrheit der Bau-, Immobilien- und Industrieunternehmen hat die Digitalisierung also noch nicht in ihrer Gesamtstrategie verankert, im Gegensatz zu Pharma- und Healthcare-Unternehmen. Dort hat jedes zweite Unternehmen die Digitalisierung als zentrales Ziel.

Doch die Digitalisierung ist nicht nur für einige wenige Branchen relevant. Gerade in der Produktion und im Baugewerbe sind Transparenz über die Lieferketten und Möglichkeiten zur Kostensenkung durch Prozessoptimierung und vorausschauende Datennutzung entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens.


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von Juliane Waack

Juliane Waack ist Editor in Chief bei DIGITALL und schreibt über die digitale Transformation, Megatrends und warum eine gesunde Kultur die Basis für jedes erfolgreiche Unternehmen ist.

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