Was kann man aus Fehlern lernen?

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7 Minuten Lesezeit

Jeder macht Fehler, jeder hat eine Geschichte über ein schreckliches Projekt oder ein komplettes Desaster zu erzählen - aber Misserfolge sind nichts, wofür man sich schämen muss. Von F***Up-Nights bis hin zu Ted Talks - auch im Business helfen Fehler dabei, um zu wachsen und zu lernen.

Inhalt:

  1. Warum machen wir Fehler?
  2. Eine gesunde Fehlerkultur ist wichtig
  3. Wie unterstützen Sie eine gesunde Fehlerkultur?
  4. Die positiven Aspekte von Fehlern

Eine von der Stanford University und Tessian durchgeführte Studie zu Cyber-Angriffen hat gezeigt, dass eine Unternehmenskultur, die keine Fehler zulässt und andernfalls bestraft, schädlich für den Unternehmenserfolg ist, da Mitarbeitende dennoch Fehler machen, diese aber so weit wie möglich für sich behalten (mehr zu Fehlern im Bereich Cyber Security lesen Sie übrigens hier).  

Zusätzlich kam die Studie zum Ergebnis, das insbesondere Expert:innen und Führungskräfte seltener ihre Fehler zugeben, aus Angst, dass sie ihren Ruf und ihr Ansehen innerhalb des Unternehmens verlieren könnten.

Aber: Jeder macht Fehler. Das ist eine unumstößliche Tatsache. Es gibt wissenschaftliche Belege, dass es uns sogar schaden kann, Fehler (bis zu einem gewissen Grad) vollständig zu vermeiden, da Fehler auch Innovation und Kreativität schüren, beim Lernen helfen und sogar Menschen miteinander verbinden.  

(Video kann mit automatisch generierten deutschen Untertiteln geschaut werden. Klicken Sie dazu auf das CC-Symbol)

(Im Folgenden werde ich über Fehler reden, die im regulären geschäftlichen Rahmen auftreten können - der Referenzrahmen wird also eher "einen Termin verpassen" umfassen und nicht "das Leben von hunderten Menschen ruinieren")

Warum machen wir Fehler?

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Die folgenden Fehlerursachen stammen aus dem liebevoll betitelten Scientific American-Artikel "The Psychology of the breathtakingly stupid mistake" (Die Psychologie des atemberaubend dummen Fehlers) von David Z. Hambrick.

  1. Zu viel Selbstvertrauen, zu wenig Expertise 

Häufig überschätzen sich Personen, deren Leistung nicht ihrer eigenen Vorstellung entspricht (das kennt man auch als Dunning-Kruger-Effekt). Wird jemand beispielsweise wegen des selbstbewussten Auftretens und ohne weitere Analyse der Fähigkeiten und Erfahrungen eingestellt (was nicht selten vorkommt), können sich Fehler schnell ansammeln.

  1. Impulsivität

Manchmal reagieren und entscheiden wir einfach impulsiv, ohne genauer über Dinge (und Konsequenzen) nachzudenken. Das führt dazu, dass wir eben nicht um Feedback bitten, die Situation von außen betrachten oder unsere Entscheidung nachprüfen. Im Privatleben kann das die berühmte "betrunkene Textnachricht" oder der Spontankauf sein. Aber auch im Geschäftsleben können impulsive Handlungen verheerende Folgen haben, wenn sie nicht auf Fakten und Erfahrungen, sondern auf Bauchgefühlen und einer Prise Adrenalin beruhen.

  1. Unaufmerksamkeit

Manchmal agiert unser eigener Kopf gegen uns. Fehler können bei kognitiver Überlastung, hoher Anspannung oder Erschöpfung auftreten und sind in der Regel mit einem Denkprozess verbunden, der einfach in die falsche Richtung geht, z.B. wenn man das Salz in den Kaffee schüttet, weil man in Gedanken bereits im nächsten Meeting sitzt.  

Eine gesunde Fehlerkultur ist wichtig

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Ein Unternehmen, das Bestrafung vor der Lösungsfindung priorisiert, wird nicht weniger Fehler machen, aber Probleme damit haben, die Fehler überhaupt rechtzeitig (oder generell) zu identifizieren, da niemand sich traut, offen über sie zu reden. Umso wichtiger ist es also, eine gesunde Fehlerkultur zu pflegen.

Der Begriff "Fehlerkultur" hat viele verschiedene Definitionen. Kritiker:innen gehen so weit zu sagen, dass sie zu Fehlern ermutigt, was ich außerhalb von Lern- und Testszenarien für unwahrscheinlich halte. Selbst die progressivsten Thought Leader auf LinkedIn werden in ihrem Unternehmen froh darüber sein, wenn Fehler im Geschäftsalltag so gering wie möglich gehalten werden. Dazu aufzufordern, beim Lernen und Experimentieren auch bewusst Fehler zuzulassen ist derweil etwas ganz anderes (und hat Studien zufolge diverse Vorteile).

Ich persönlich sehe eine gesunde Fehlerkultur als einen Ansatz, um Fehler in einem sicheren und respektvollen Umfeld anzusprechen und über sie zu sprechen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und gleichzeitig die richtigen Kanäle und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, um Fehlermanagement zu unterstützen. Dabei sollten Konsequenzen nicht mit Bestrafung verwechselt werden. Konsequenzen können neue Prozesse und mehr Transparenz umfassen und müssen nicht in öffentlichen Bestrafungen enden.

Eine ungesunde Fehlerkultur führt zu:

  • Geheimhaltung und Vertuschung
  • Mangelnde Eigenverantwortung
  • Mitarbeitende, die keine Verantwortung übernehmen wollen  
  • Rückgang von Kreativität und Innovation
  • Mangelndem Teamgeist (da jeder versucht, seine eigene Haut zu retten)

Eine positive Fehlerkultur im Unternehmen zieht derweil viele Vorteile nach sich:

  • Transparente Arbeitsabläufe und Prozesse
  • Mitarbeitende und Teams, die Verantwortung übernehmen und Themenbereiche eigenständig managen
  • Ein kreatives, innovatives Arbeitsumfeld
  • Eine respektvolle Kommunikation, die auf Vertrauen und Offenheit basiert

Wie unterstützen Sie eine gesunde Fehlerkultur?

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  • Sprechen Sie Probleme in 1:1-Gesprächen an, wenn sie Einzelpersonen betreffen - so muss niemand vor seinen Kolleg:innen "das Gesicht verlieren".
  • Verlieren Sie nie die Beherrschung. Frustration ist verständlich, aber Wut - vor allem in einer Vorgesetztenrolle - sollte niemals Ihr Handeln in einem professionellen Umfeld leiten.
  • Schieben Sie Fehler niemals auf eine einzelne Person, schon gar nicht vor Partnern oder Kunden. In den meisten Fällen gibt es komplexere Gründe.
  • Konzentrieren Sie sich auf die Problemlösung und nicht auf den Fehler selbst.
  • Fragen Sie, wie sich Fehler in Zukunft vermeiden lassen, und optimieren Sie Prozesse, Vorlagen, bieten Sie Schulungen an, stellen Sie mehr Ressourcen zur Verfügung usw.
  • Gehen Sie nie davon aus, dass jemand einen Fehler absichtlich gemacht hat, sondern gehen Sie vom Besten aus, bis das Gegenteil bewiesen ist.
  • Haben Sie Mitgefühl mit Kolleg:innen/Mitarbeitenden, die einen Fehler gemacht haben - es fühlt sich nie gut an, und in der Regel fühlt sich die verantwortliche Partei ohnehin schlecht genug.
  • Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden/Kolleg:innen, auch wenn sie einen Fehler gemacht haben. Werden Sie nicht zum kontrollierenden Mikromanager, da dies die Situation oft noch schlimmer macht.

Die positiven Aspekte von Fehlern

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Wir haben bislang über Fehlerursachen und darüber, wie man eine gesunde Fehlerkultur schaffen kann (und warum dies so wichtig ist). Bleibt also noch die Frage, wie Fehler, Irrtümer und Misserfolge tatsächlich auch positive Aspekte in der Zusammenarbeit und individuell mit sich bringen können.

(Kleine) Fehler zu machen und sie zuzugeben, weckt Sympathie

Der Pratfall-Effekt beschreibt, dass hochkompetente Menschen, die kleine Fehler machen, sympathischer wirken, als wenn sie scheinbar perfekt sind. Offenbar können sich Menschen besser in Vorgesetzte, Superstars und Expert:innen hineinversetzen, wenn diese auch mal stolpern und ihre Schwächen zeigen.

Fehler können helfen, tieferes Wissen zu erlangen

In einem verblüffenden Artikel von Wong und Lim im "Journal of Educational Psychology" beschreiben die Autoren, dass absichtliche Fehler tatsächlich "sinnvolles Lernen fördern" können. Einen Fehler zu machen, obwohl man genau weiß, dass er falsch ist, und ihn dann zu korrigieren, führt offenbar zu einer besseren und intensiveren Lernerfahrung.

 

Fehler sind Gelegenheiten zur Optimierung

Manchmal kann ein Fehler ein Licht auf größere Probleme werfen, die vielleicht unbemerkt geblieben wären, z. B. unklare Zuständigkeiten, fehlerhafte Prozesse oder fehlende Werkzeuge. Vor allem, wenn Fehler oder Misserfolge immer wieder auftreten, ist dies eine gute Gelegenheit, einen Schritt zurückzutreten und den Gesamtprozess zu betrachten, um zu sehen, warum die Dinge nicht funktionieren.

Fehler sind Gelegenheiten, um als Person zu wachsen 

Fehler können dazu beitragen, sich als Person (zum Besseren) zu verändern. Vor allem Expert:innen, Fachleute und Führungspersönlichkeiten sind oft etwas zurückhaltend, wenn es darum geht, Fehler einzugestehen, weil sie fürchten, Respekt und Ansehen zu verlieren. Dadurch sind diese Personen jedoch auch weniger geneigt, etwas Neues zu lernen, ihre eigenen Kenntnisse zu überprüfen oder Ihre althergebrachten Herangehensweise zu verändern.

Je mehr Selbstvertrauen eine Person hat, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre eigenen Ergebnisse überprüft. Kathryn Schulz schreibt in ihrem Buch "Being Wrong" das sehr selbstbewusste Menschen eher dazu neigen, sich zu verteidigen als zu versuchen, die Probleme zu lösen, was sogar soweit eskalieren kann, dass sie sich weigern, Fehler offen einzugestehen (via Gustavo Razzetti für "Psychology Today").

Jeder Mensch kann aus Fehlern lernen und unterschiedliche Erkenntnisse aus ihnen gewinnen:

  • Die Welt geht nicht unter
  • Dinge können korrigiert werden
  • Menschen sind bereit zu verzeihen und mitzufühlen
  • Niemand ist unfehlbar
  • Niemand muss unfehlbar sein
  • Man ist belastbarer, als man dachte
  • Man kann außergewöhnliches in einer Krise leisten

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von Juliane Waack

Juliane Waack ist Editor in Chief bei DIGITALL und schreibt über die digitale Transformation, Megatrends und warum eine gesunde Kultur die Basis für jedes erfolgreiche Unternehmen ist.

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